Beliebte Posts

Mittwoch, 15. Mai 2013

Professoren

Können sogar tödlich langweilen

Als Student in Mainz habe ich schnell gelernt, dass es Frauen und Männer gibt, die von der Schule in die Universität fallen und dort liegen bleiben, um in Seminaren und Vorlesungen die Wirklichkeit zu erklären, die sie in Büchern entdeckt haben wollen, die sie entweder selbst geschrieben oder gelesen haben. Mit der Realität darf man denen gar nicht erst kommen, sonst kommt man allzu schnell unter die akademischen Räder.

Wie ich, als ich nach dem ersten Semester Volkswirtschaftslehre meinte, eine Arbeit über Kostenrechnung schreiben zu können, wie ich sie als Auszubildender eines Großbetriebes kennengelernt hatte. Ich bekam von meinem Professor schneller eine 5 als mein Arbeitgeber damals pleite gegangen war.

Also erkundigte ich mich bei diesem Professor, was ich denn falsch gemacht hätte. Er gab mir zu verstehen, dass er eigene Erfahrungen eines Studenten nicht sonderlich schätzte, sondern eher Wert darauf legte, dass man ihn korrekt zitierte.  Deswegen stenografierte ich im zweiten Semester mit, was dieser Professor von sich gab - und es gab nicht wenige Studentinnen und Studenten, die großen Gefallen an meinen Mitschriften fanden, die diesem Professor jedoch nicht sonderlich gefielen, wenn ich sie in Seminararbeiten wieder gab. Doch zu einer 4- und zu einer 4 reichte das Wissen meines Professor im zweiten und im dritten Semester noch.

Auch in den anderen Wissensgebieten, die in Mainz zur Volkswirtschaftslehre gehörten, hielt ich es so wie in der Betriebswirtschaftslehre. Ich hielt fest, was die Professoren in ihren Vorlesungen gesagt hatten. In Statistik schrieb ich mir jedoch einen Wolf. Die vorgegebene Zeit reichte nicht, um alles, was ich während der Vorlesungen mitgeschrieben hatte, bei der Prüfung für das Vordiplom zu Papier zu bringen. Also fügte ich den Zahlenkolonnen die Anmerkung hinzu, dass ich mich wegen eines Schreibkrampfes in ärztliche Behandlung begeben wolle.

Dafür ließ mir die Universitätsleitung ein Semester Zeit. Da ich das Vordiplom schon nach drei Semestern geschafft hatte, das Hauptstudium aber erst mit dem fünften Semester begann, suchte ich mir vor der Mensa eine schattige Parkbank und verbrachte dort angenehme Stunden, oder ich malte Plakate für Studentenparlamentswahlen, die gern gelesen wurden. So konterte ich die Kandidatur des Ringes Christlich Demokratischer Studenten (RCDS) mit dem Bibelzitat: "Wahrlich, ihr seid die Rechten. Mit euch wird die Weisheit untergehen" und saß deswegen unvermittelt als gewählter Kandidat im Fachschaftsrat zwei RCDS-Vertretern jede Woche einmal direkt gegenüber. Die beschimpften mich regelmäßig als Linken, der besser in die DDR ginge, als in Mainz weitere Plakate zu malen.

Also ließ ich das Plakate malen sein und zerpflückte auf Flugblättern die Weisheiten eines Professors, der die Bundesregierung beriet. Da riet mir ein anderer Professor, derlei bleiben zu lassen, wenn aus mir etwas werden sollte, wie er mir durchaus freundlich gemeint zu verstehen gab, während ich mir für die Diplomarbeit ein Thema gezogen hatte, das ich nicht so recht verstand. Das lautete: "Unterschiede zwischen den Weltwirtschaftsordnungen nach dem Zweiten Weltkrieg im Vergleich zu jener 1. vor 1914 und 2. zwischen den beiden Weltkriegen."

Diese Diplomarbeit schrieb ich in Hannover, wo ich inzwischen wohnte. Die Literatur besorgte ich mir in der hannoverschen Universität. Dort suchte ich auch Rat bei einem Professor, der ebenfalls mit dem Thema nicht viel anfangen konnte. Was nur meinte der Mainzer Professor mit "Weltwirtschaftsordnung vor 1914"? Wann begann für ihn "vor 1914"? Vor oder nach der Bronzezeit? So lange ich auch forschte, meine Forschungen gingen ins Leere. Das teilte ich in meiner Diplom-Arbeit mit. Sogleich teilte mir das Prüfungsamt der Mainzer Universität mit, dass mein Studentendasein beendet sei, was sich dann doch als Irrtum erwies. Man erweise mir statt dessen die Gnade eines Gespräches mit dem Mainzer Professor, was jedoch nicht bedeute, dass ich seine Auffassungen in allen Punkten zu teilen hätte.

Dieses Gespräch suchte ich erst zwei Jahre später, weil ich wegen einer schönen Frau aus Hannover nicht früher dazu kam. In Mainz saß ich zwei Professoren gegenüber, die mir jede wissenschaftliche Fähigkeit absprachen. Nicht einmal eine Seminararbeit könne ich schreiben. Als ich diese beiden Professoren darauf hingewiesen hatte, dass es von mir bereits mehrere Seminararbeiten gab, ohne die ich niemals eine Diplom-Arbeit hätte schreiben können, beendeten sie das Gespräch. Deshalb verriet ich diesen Professoren auch nicht, dass ich inzwischen bei einem Verlag ein Redaktionsvolontariat begonnen hatte.

Ein Jahr darauf war ich Chefredakteur und bekam einen Anruf aus Mainz. Am Apparat war jener Professor, der mich auf die Weltwirtschaftsordnungs-Probe gestellt hatte. Er bot mir einen Fachaufsatz über Verkehrspolitik an. Meine Frage "Vor oder nach 1914?" konnte er jedoch nicht beantworten. Deshalb lehnte ich eine Veröffentlichung ab. Zumindest das hatte ich während meines Studiums der Volkswirtschaftslehre gelernt.

1 Kommentar:

  1. wie soll denn die weltwirtschaftsordnung vor 1914 ausgesehen haben? hatten die römer nicht auch schon eine?

    AntwortenLöschen